Veranstaltungsrecht: Keine Entschädigung wegen Versagung des Zutritts zu einer Veranstaltung
Kein Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen Versagung des Zutritts zu einer Musikveranstaltung aufgrund zu hohen Alters
Der Bundesgerichtshof hat heute in einem Fall, in dem es um den Zutritt zu einem Open-Air-Event ging, entschieden, dass einem potentiellen Besucher keine Entschädigung wegen Versagung des Zutritts zu einer Veranstaltung zusteht. Die Verweigerung des Zutritts stelle keine Benachteiligung wegen des Alters dar. Deshalb scheide ein Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aus (BGH, Urteil v. 5.5.2021, Az. VII ZR 78/20).
In dem dem Urteil zu Grunde liegenden Fall ging es um ein Musik-Open-Air-Event in München im Jahr 2017. Zielgruppe der Veranstaltung waren Personen zwischen 18 und 28 Jahren. Der Kläger und dessen Begleiter waren deutlich älter. Sie wurden daher als altersmäßig nicht zur Zielgruppe passende Personen abgewiesen. Zuvor hatte kein Vorverkauf stattgefunden. Ein Ticket konnte erst nach Passieren der Einlasskontrolle vor Ort erworben werden.
Bei Veranstaltungen, deren Charakter auch durch die Interaktion der Besucher geprägt wird und bei denen daher der Zusammensetzung des Besucherkreises eine besondere Bedeutung zukommt, scheidet nach Ansicht des Bundesgerichtshofes eine Anspruch nach § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 2 AGG aus. Denn es handelt sich dabei nicht um ein „massengeschäftsähnliches“ Schuldverhältnis im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 AGG. Ein „massengeschäftsähnliches“ Schuldverhältnis liege jedenfalls dann nicht vor, wenn der Anbieter nicht bereit ist, jedem den Zutritt zu der Veranstaltung zu gewähren, sondern der Zutritt auf eine bestimmte Personen-/Zielgruppe beschränkt sein soll. Es handelt sich insoweit um ein anerkennenswertes Interesse des Veranstalters, Einfluss auf die Zusammensetzung des Besucherkreises zu nehmen, das von potentiellen Besuchern hinzunehmen ist.
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 091/2021 vom 05.05.2021:
„Soweit öffentlich zugängliche Konzerte, Kinovorstellungen, Theater- oder Sportveranstaltungen im Regelfall dem sachlichen Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG unterfallen, weil es der Verkehrssitte entspricht, dass dort der Eintritt ohne Ansehen der Person gewährt wird, ist für diese Freizeitangebote charakteristisch, dass es den Veranstaltern – meist dokumentiert durch einen Vorverkauf – nicht wichtig ist, wer ihre Leistung entgegennimmt. Das unterscheidet sie maßgeblich von Party-Event-Veranstaltungen wie der vorliegenden, deren Charakter in der Regel auch durch die Interaktion der Besucher geprägt wird, weshalb der Zusammensetzung des Besucherkreises Bedeutung zukommen kann.
[…]
Bei Schuldverhältnissen wie öffentlichen Party-Event-Veranstaltungen kann die Zusammensetzung des Besucherkreises deren Charakter prägen und daher ein anerkennenswertes Interesse des Unternehmers bestehen, hierauf Einfluss zu nehmen. Soweit der Veranstalter deshalb sein Angebot nur an eine bestimmte, nach persönlichen Merkmalen definierte Zielgruppe richtet und nur Personen als Vertragspartner akzeptiert, die die persönlichen Merkmale der Zielgruppe erfüllen, kommt diesen Eigenschaften nicht nur nachrangige Bedeutung zu. Diese Willensentscheidung ist hinzunehmen; wenn dabei auch das Merkmal „Alter“ betroffen ist, steht dies nicht entgegen.“
Link zur vollständigen Pressemitteilung: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021091.html
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(c) 05.05.2021, RA Christian Weber, WeSaveYourCopyrights Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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