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Ist die FDP die bessere Piratenpartei?

 

Ist die FDP die bessere Piratenpartei oder warum will die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit einer Gesetzesinitiative gegen einen angeblichen Abmahnmißbrauch bzw. gegen ein angebliches Abmahnunwesen das Urheberrecht abschaffen?

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Leutheusser-Schnarrenberger Gesetzesinitiative gegen das Abmahnunwesen, Abmahnungen, Urheberrecht

 

Durch eine neue Gesetzesinitiative gegen den „Abmahnmissbrauch“ der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger soll das seit vielen Jahren bewährte Instrument der Abmahnung abgeschafft werden (vgl. Interviews mit der Bundesjustizministerin im Handelsblatt und in der Saarbrücker Zeitung). Dadurch sollen unter dem vermeintlichen Deckmantel des Verbraucherschutzes nicht die Urheber und Kreativen, die Werke schaffen, sondern die Rechtsverletzer, die meinen, sich kostenlos bedienen zu können, geschützt werden. Ausgerechnet in Zeiten, in denen die Durchsetzung von Rechten am geistigen Eigentum aufgrund der „neuen Gefahren“ des Digitalzeitalters und des Internet verbessert und die kreativ Schaffenden geschützt und das Verständnis für Urheberrechte als Eigentumsrechte gestärkt werden müssen, soll eine Regelung getroffen werden, die geradezu als Freibrief für Rechtsverletzungen verstanden werden kann. Bereits die Verwendung des Begriffes Abmahnunwesen durch die Ministerin zeigt, dass die Bundesjustizministerin über den Bedarf und den Erfolg der Abwehrmaßnahmen nicht ausreichend informiert zu sein scheint und hier einzig und allein populistische Ziele verfolgt.

 

Unsere Meinung dazu:

Die Gesetzesinitiative gegen das angebliche Abmahnunwesen zielt auf eine Abschaffung der effektiven Rechtsschutzemöglichkeiten der Urheber zu Gunsten eines „Nutzerrechts“ und eines Freibriefes für Millionen von Urheberrechtsverletzungen ab und ist daher bereits vom Ansatz her völlig verfehlt. Der massenhafte Einsatz der Abmahnung als Instrument der aussergerichtlichen Rechtsdurchsetzung stellt keinen Missbrauch dar, sondern zeigt, dass die Schutzmechanismen des Deutschen Urheberrechtsgesetzes greifen. Rechteinhaber oder Kanzleien, die sich dem Schutz geistigen Eigentums widmen dafür an den Pranger zu stellen, dass sie ihre Rechte geltend machen (lassen) und sich gegen den Diebstahl ihres Eigentums zur Wehr setzen ist eine groteske Verdrehung der Tatsachen. Es ist ein Grundsatz jeder rechtsstaatlichen Ordnung, dass dem Geschädigten Mittel an die Hand gegeben werden, gegen den Schädiger vorzugehen und seinen Schaden ersetzt zu verlangen. Dem Urheber dieses Recht abzusprechen, ist Heuchelei.

 

Der Diebstahl geistigen Eigentums hat in Zeiten des Internet Hochkonjunktur. Piraterie ist in Mode. Illegale Nutzung ist Normalität. Massenhafte Urheberrechtsverstöße im Internet haben in den letzten Jahren zu gewaltigen Umsatzeinbußen in den betroffenen Kreativbranchen geführt und kosten jedes Jahr allein in Deutschland mehrere zehntausend Arbeitsplätze (Studie der internationalen Handelskammer aus dem Jahr 2010). Legale Geschäftsmodelle in den Bereichen Musikdownloads und Online-Film sind gegenüber den illegalen Angeboten im Netz nahezu machtlos. Musik, Filme etc. sind auf dem legalen Markt nunmal nicht umsonst, sondern kostenpflichtig und somit gegenüber illegalen und kostenlosen Angeboten denknotwendiger Weise nicht konkurrenzfähig.

 

Die einzige Möglichkeit, illegale Nutzungen im Internet einzudämmen, sind Aufklärung und das rechtliche Vorgehen gegenüber den einzelnen Rechtsverletzern. Letzteres hat darüber hinaus einen Abschreckungseffekt in Bezug auf Nachahmer. Zwar bietet das deutsche Urheberrecht im internationalen Vergleich ein hohes Schutzniveau und Möglichkeiten, Rechtsverletzungen zivilrechtlich und strafrechtlich zu verfolgen. Allerdings scheitern viele Bemühungen, die Illegalität im Netz einzudämmen seit Jahren sowohl an rechtlichen, als auch an faktischen Hindernissen. Die Folgen sind, dass geistiges Eigentum im Internet nach wie vor massenhaft missachtet wird und die Betroffenen erhebliche Schäden erleiden. Das Internet ist zum kostenlosen Selbstbedienungsladen verkommen. Die Gefahr bzw. das Risiko, bei Urheberrechtsverstößen belangt zu werden, sind gering. Denn nur ein kleiner Teil der tatsächlich stattfindenden Verstöße ist überhaupt ermittelbar. Und von den ermittelbaren Verstößen ist bei einem Großteil eine Rechtsdurchsetzung nicht möglich, weil die Rechtsverfolgung für den Geschädigten mit hohen Kosten verbunden und daher nicht wirtschaftlich ist. Eine Rechtsdurchsetzung findet daher in Bezug auf die meisten Verstöße schlichtweg nicht statt, der Geschädigte ist bereits nach heute geltendem Recht in Bezug auf den überwiegenden Teil der Rechtsverletzungen an seinen Werken rechtsschutzlos gestellt.

 

Um diesen unbefriedigenden Zustand zu verbessern und rechtsstaatliche Verhältnisse im Internet herzustellen, ist das Urheberrechtsgesetz daher gerade im Hinblick auf die Möglichkeiten einer effektiven Rechtsdurchsetzung im Internet noch verbesserungsfähig und dringend verbesserungswürdig. Dies sieht auch der europäische Gesetzgeber so. Die Europäische Kommission hat in Ihrem Evaluierungsbericht zur Anwendung der EU-Enforcement-Richtlinie dringenden Handlungsbedarf festgestellt. Dort heißt es unter anderem, dass “das schiere Volumen und der finanzielle Wert der Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums alarmierend” seien. Das Internet habe dazu geführt, dass viele ansonsten “gesetzestreue Bürger massive Verletzungen des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in Form von illegalem Hochladen und illegaler Verbreitung geschützter Inhalte begehen“. Die Richtlinie sei, da sie ursprünglich nicht für diesen Umfang von Rechtsverletzungen konzipiert worden sei, hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum, weiter zu verbessern. Auch der Koalitionsvertrag sieht bessere Instrumente zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet vor.

 

Da die Illegalität im Netz bereits zur Normalität geworden ist und die Verfolgung von Urheberrechtsverstößen bereits aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage in vielen Bereichen extrem schwierig bis unmöglich ist, sollte die Politik sich als Anwalt der Kreativen verstehen und nicht der Popularität willen die Urheber enteignen. Diebstahl geistigen Eigentums ist kein Freheitsrecht der Netzgemeinde. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Urheberrechte sind die Existenzgrundlage für hunderttausende Menschen.

 

Wir fordern die Politik und nicht zuletzt die Bundesjustizministerin daher auf, effektive Instrumente zur Bekämpfung aller Formen der Verletzungen des geistigen Eigentums im Internet zu schaffen. Insbesondere ist hierfür die Speicherpraxis der Internetprovider gesetzlich festzuschreiben (z.B. 7-Tages-Speicherfrist) sowie die Möglichkeiten der „Entanonymisierung“ von Nutzern, die nachweislich Rechtsverletzungen begangen haben (ggf. unter Richtervorbehat) zu erweitern, um die drei großen Formen der Piraterie (Filesharingnetzwerke, Filehoster, Streamingportale) wirksam begegnen zu können. Die Entanonymisierung der Rechtsverletzer ist der erfolgreichste Ansatz bei der Bekämpfung der Illegalität im Internet. Denn die Anonymität im Internet ist der Motor der Illegalität.

 

Die über das Internet meinungsmachende „Netzgemeinde“ mit ihren Forderungen nach kostenloser Content-Nutzung stellt lediglich eine gesetzesnonkonforme Minderheit dar. Diejenigen, die am lautesten schreien, sind nicht immer im Recht. Das Urheberrecht ist kein vormodernes Überbleibsel aus analogen Zeiten, das heute die Freiheit der Menschen einschränkt und zu einer Zensur des Internets führt, sondern es schafft die Geschäftsgrundlage für alle kreativ Schaffenden und ist Ausfluß des Grundrechts auf Eigentum. Die Mehrheit der Bevölkerung weiß, dass medialer Content im Internet nicht kostenfrei verfügbar sein kann und es kein Recht gibt, sich der urheberrechtlich geschützten Leistungen anderer Leute, die mit dieser Leistung ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, uneingeschränkt zu bedienen. Die Mehrheit der Bevölkerung möchte auch für ihre eigenen Leistungen angemessen vergütet werden. Die Mehrheit der Bevölkerung achtet deshalb das Eigentum anderer und auch das geistige Eigentum. Die Mehrheit der Bevölkerung weiß, dass Musik und Filme Geld kosten. Die Mehrheit der Bevölkerung ist nicht dumm. Die Mehrheit der Bevölkerung verhält sich gesetzeskonform. Die Mehrheit der Bevölkerung macht aber nicht im Internet Stimmung, sondern schweigt und vertraut darauf, dass die von ihnen gewählten Politiker, sinnvolle, vernünftige und richtige Entscheidungen treffen und die Weichen für die Zukunft richtig stellen. Dies ist Aufgabe der Politik und insbesondere auch der Bundesjustizministerin. Bitte besinnen Sie sich also auf Ihre Aufgaben, liebe Frau Bundesjustizministerin. Sie werden die Wählerstimmen der Piraten sowieso nicht bekommen!

 

Weitere Stimmen und Kommentare zu der Gesetzesinitiative der Bundesjustizministerin und zur aktuellen Urheberrechtsdebatte:

urheberrechtsinfo.org

Dr. Damm & Partner Rechtsanwälte

Kanzlei Schutt, Waetke Rechtsanwälte

Spiegel-Online

Recht am Bild

 

Allgemeine Informationen zum Thema Abmahnung wegen illegalem Filesharing finden Sie hier. Informationen zum Thema Medienkompetenz finden Sie hier. Informationen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von massenhaften Urheberrechtsverletzungen im Internet finden Sie hier.

 

 

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