OLG München: Gewerbliches Ausmaß im Sinne des § 101 UrhG bei Filesharing immer gegeben
Das OLG München hat entschieden, dass ein gewerbliches Ausmaß im Sinne des § 101 UrhG bei Filesharing immer gegeben ist (Beschluss vom 12.12.2011, Az. 29 W 1708/11)
Aufgrund des bei der öffentlichen Zugänglichmachung in Filesharingnetzwerken erfolgenden weitreichenden Schutzrechtseingriffs und der damit verbundenen unkontrollierten Verbreitung sieht das OLG München das „gewerbliche Ausmaß“ in Tauschbörsen immer als gegeben an, unabhängig von der Verwertungsphase und dem „Alter“ des Werks und unabhängig vom Umfang bzw. der Anzahl der verletzten Werke.
OLG München, Beschluss vom 12.12.2011, Az. 29 W 1708/11:
„Einer Rechtsverletzung, die im Angebot einer Datei mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt auf einer Internet-Tauschbörse liegt, kommt grundsätzlich gewerbliches Ausmaß zu, ohne dass es weiterer erschwerender Umstände bedürfte (vgl. Senat ZUM 2011, 760 [761] – Die Friseuse).“
Kommentar zur Entscheidung und zum Begriff des „Gewerblichen Ausmaßes“:
Nach unserer Meinung ist der Argumentation des OLG München zuzustimmen. Das gewerbliche Ausmaß kann sich entweder aus der Anzahl der Rechtsverletzungen oder aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben (vgl. § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG). Die Schwere sieht das OLG München bei Tauschbörsen immer als gegeben an. Andere Ansichten, die – wie etwa das OLG Köln – das gewerbliche Ausmaß an die Aktualität des Werkes bzw. daran anknüpft, ob sich das Werk noch in den Verkaufs-Charts befindet, sind abzulehnen, da hierdurch der Urheberrechtsschutz faktisch ausgehöhlt wird und Werke, sobald ihre „aktuelle Verwertungsphase“, die das OLG Köln bei 6 Monaten ansetzt, vorüber ist im Internet gemeinfrei werden. Dadurch entsteht zum einen eine große Schutzlücke, zum anderen widerspricht diese Auffassung dem Schutzzweck des Urheberrechtsgesetzes und insbesondere der Durchsetzungsrichtlinie, durch die der Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 9 UrhG gegenüber Internetprovidern geschaffen wurde, um die Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum zu verbessern.
Soweit das OLG Köln (und die Zivilkammern des LG Köln) bei Werken, die sich außerhalb der Verkaufsphase befinden, ein gewerbliches Ausmaß verneinen, wird die gesetzliche Schutzdauer, die für urheberrechtlich geschützte Werke gem. § 64 UrhG 70 Jahre (ab dem Tod des Urhebers) beträgt, in Bezug auf internetbasierte Rechtsverletzungen, also gerade in Bezug auf diejenigen Rechtsverletzungen, die am Häufigsten vorkommen und dadurch den größten wirtschaftlichen Schaden verursachen, umgangen und faktisch außer Kraft gesetzt.
(c) RA Christian Weber
Sorry, the comment form is closed at this time.