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Sieht § 97a Abs. 3 UrhG n.F. eine Deckelung des Gegenstands- oder Streitwertes bei Abmahnungen wegen Filesharing vor?

Sieht § 97a Abs. 3 UrhG n.F. eine Deckelung des Gegenstands- oder Streitwertes bei Abmahnungen wegen Filesharing vor?

Nein! Entgegen im Internet kursierender Meinung, die teilweise auch von Rechtsanwälten ungeprüft in ihre Schriftsätze übernommen werden, sieht die Vorschrift des § 97a Abs. 3 UrhG n.F. im Urheberrecht, insbesondere bei Abmahnungen wegen illegalem Filesharing keine Streitwertdeckelung, sondern lediglich eine Beschränkung der erstattungsfähigen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühr vor. Es wurde also im Gesetz kein einheitlicher Regelstreitwert in Höhe von 1.000,- € umgesetzt, sondern – wie im bisherigen § 97a Abs. 2 UrhG a.F. – lediglich der Kostenerstattungsanspruch in Bezug auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in bestimmten Fällen „gedeckelt“, wenn dies im Einzelfall nicht „unbillig“ ist. 

 

Dies ergibt sich einerseits aus dem Gesetzgebungsverfahren des „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“

Während der Regierungsentwurf (BT-Drucksache 17/13057 v. 15.4.2013) noch wie folgt lautete (§ 49 GKG-E):

 (1) In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch 1 000 Euro, wenn der Beklagte

1. eine natürliche Person ist, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und

2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist;

es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig. […]

 

lautet der endgültige Gesetzeswortlaut (§ 97a Abs. 3 UrhG n.F.) wie folgt:

[…] (3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte

 1. eine natürliche Person ist, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und

2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist;

Der in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.[…]

 

Eine Festlegung bzw. Deckelung des Streitwertes und des Gegenstandswertes bei urheberrechtlichen Abmahnungen sieht die neue Vorschrift also gerade nicht (mehr) vor, nachdem die ursprünglich im Regierungsentwurf enthaltene Streitwertbegrenzung (§ 49 GKG-E) im Gesetzgebungsverfahren bewusst aufgegeben wurde. Hierzu heißt es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 17/14192 v. 26.6.2013)

 

Es ergibt sich andererseits aus der Stellungnahme des Rechtsausschusses zum „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“

„An der bislang vorgesehenen gemeinsamen Wertregelung anwaltlicher und gerichtlicher Gebühren in Urheberrechtsstreitigkeiten soll nicht festgehalten werden. Für den vorgerichtlichen Bereich soll jedoch die grundsätzliche Begrenzung des anwaltlichen Erstattungsanspruchs bei urheberrechtlichen Abmahnungen erhalten bleiben.“ (BT-Drucksache 17/14192, S. 4)

 

Dadurch, dass der Gesetzgeber die ursprünglich vorgesehene Festlegung eines Streitwertes auf 1.000,- € im Gesetzgebungsverfahren wieder aufgegeben hat, hat er seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass Gegenstands- und Streitwerte jedenfalls im Urheberrecht nicht gesetzlich festgelegt werden sollen, sondern sich aus den allgemeinen Vorschriften ergeben und wie bisher vom Gericht nach § 3 ZPO festgelegt werden. Hierzu heißt es in der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages:

 

Für urheberrechtliche gerichtliche Streitigkeiten bleibt es damit bei dem Grundsatz des § 3 ZPO, wonach der Wert vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt wird.“ (BT-Drucksache 17/14216, S. 7).

 

Dies haben die Instanzgerichte mittlerweile auch bereits bestätigt:

Das Landgericht Frankfurt hat hierauf in einem aktuellen Hinweis vom 23.10.2013 (Az. 2-06 O 312/13) wie folgt ausgeführt:

 

Fazit

Dadurch, dass der Gesetzgeber die ursprünglich vorgesehene Festlegung eines Streitwertes bezüglich des Unterlassungsanspruches auf 1.000,- € im Gesetzgebungsverfahren wieder aufgegeben hat, hat er seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass Gegenstands- und Streitwerte  nicht gesetzlich festgelegt werden sollen, sondern sich – wie bisher – aus den allgemeinen Vorschriften ergeben, mithin vom Gericht nach § 3 ZPO anhand des Interesses des Verletzten an der Unterlassung festgelegt werden, wobei der sog. Angriffsfaktor und der Marktwert des betroffenen Schutzrechts zu berücksichtigen sind. Die nunmehr in § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. für bestimmte Fälle vorgesehene Beschränkung des Erstattungsanspruches der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach einem (fiktiven) Gegenstandswert von 1.000,- €, die nur anwendbar ist, wenn dies im Einzelfall nicht „unbillig“ ist, macht überhaupt nur dann Sinn, wenn der tatsächliche Gegenstandswert höher ist, weil andernfalls eine Beschränkung nicht erforderlich wäre.

Zudem ist bei der Berechnung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei Abmahnungen  zu berücksichtigen, dass eine etwaige Beschränkung des Erstattungsanspruches nach einem Gegenstandswert von 1.000,- € sich nur auf den Gegenstandswert des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches bezieht. Wird neben dem Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht, ist dessen Wert dem Gegenstandswert hinzuzurechnen (BT-Drucksache 17/13057, S. 29).

 

 

 

 

(c) Rechtsanwalt Christian Weber, 16. Okt. 2013

 

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