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Onlinehandel: Wertersatz bei Widerruf nach Einbau – BGH stärkt Position der Onlinehändler bei Ausübung des Widerrufsrechts

 

Wertersatz bei Widerruf (Urteil des BGH vom 12.10.2016, VIII ZR 55/15)

 

Ausübung des Widerrufsrechts im Onlinehandel führt zu Wertersatz, wenn Ware eingebaut wurde. Das großzügige Widerrufsrecht im Bereich e-Commerce ist für viele Online-Händler ein Problem. Denn nach einer Studie des Händlerbundes enthalten ca. 44% aller Rücksendungen (auch) beschädigte Ware. Es stellt sich daher häufig die Frage wie weit das Widerrufsrecht geht und inwieweit der Kunde online erworbene Waren auspacken und ggf. ausprobieren oder auf Funktionalität testen darf, ohne gegenüber dem Verkäufer zum Wertersatz bei Widerruf verpflichtet zu sein.

 

 

Grundsatz der Entscheidung des BGH (VIII ZR 55/15)

 

Der BGH hat nun vereinfacht gesagt entschieden, dass der Kunde im Internet bestellte Ware genau so prüfen darf, wie er dies auch beim Kauf in einem Ladengeschäft dürfte. Dem Händler steht dann kein Wertersatz bei Widerruf zu. Dieser Grundsatz dürfte unabhängig von dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt für alle Arten von Waren, die über Fernabsatzwege bestellt werden, Geltung haben.

 

 

Details zur Entscheidung des BGH vom 12.10.2016, VIII ZR 55/15

 

Der Bundesgerichtshof hatte sich in dem dem Urteil v. 12.10.2016 (Az. VIII ZR 55/15) zu Grunde liegenden Fall mit einem Kunden, der ein KFZ-Ersatzteil bestellt und anschließend zunächst in seinem Fahrzeug verbaut hatte, zu beschäftigen. Danach machte er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, baute das Teil wieder aus und sendete das mit Gebrauchsspuren versehene und bereits in Betrieb genommene Teil wieder an den Händler zurück.

 

Der BGH hat in diesem Fall entschieden, dass der Käufer, der eine online erworbene Ware (hier: PKW Ersatzteil) einbaut, für die dadurch eingetretene Verschlechterung des Ersatzteils zum Wertersatz bei Widerruf verpflichtet ist. Wertersatzansprüche bestehen also dann, wenn der Kunde das Ersatzteil später, also nach Einbau, unter Ausübung seines Widerrufsrechts an den Online-Händler zurücksendet. Der BGH stellt in seiner Entscheidung vom 12.10.2016  klar, dass es zwar der erklärten Zielsetzung des nationalen und europäischen Gesetzgebers entspräche, dass Verbraucher bei Fernabsatzgeschäften die erworbene Sache vor Entscheidung über die Ausübung eines bestehenden Widerrufsrechtes nicht nur in Augenschein nehmen dürften, sondern diese darüber hinaus auch einer Prüfung auf ihre Eigenschaften sowie ihre Funktionsweise unterziehen könnten, ohne eine Inanspruchnahme aufgrund eines dadurch verursachten Wertverlustes fürchten zu müssen.

 

Dieser Grundsatz gelte jedoch bei Waren, die – in dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es um den Einbau eines online erworbenen Katalysators – bestimmungsgemäß in einen anderen Gegenstand eingebaut werden, nicht uneingeschränkt. Dem Erwerber stehe nämlich auch im Ladengeschäft keine dahingehende Überprüfungsmöglichkeit zur Verfügung, dass er die Kaufsache zunächst in seinen PKW verbauen könne, um zu prüfen, wie sich die Kaufsache auf die Fahreigenschaften seines PKW auswirke. Auch stünden dem Käufer im stationären Handel keine mit seinem eigenen PKW vergleichbaren Musterfahrzeuge für eine entsprechende Überprüfung zur Verfügung.

 

Vielmehr, so der BGH, hätten sich die Möglichkeiten des Käufers im stationären Handel darauf beschränkt, das ausgewählte Katalysatormodell in Augenschein nehmen zu können und dieses gegebenenfalls mit anderen ebenfalls für seinen PKW bestimmten Alternativmodellen zu vergleichen. Der Einbau des Katalysators ginge, so die Karlsruher Richter, weit über die Kompensation der Erkenntnismöglichkeiten im Ladengeschäft hinaus und stellte vielmehr eine zumindest vorübergehende Ingebrauchnahme der Sache dar, die dem Käufer eine im stationären Handel unter keinen Umständen eröffnete Überprüfung der konkreten Auswirkungen des erworbenen Autoteils auf die Fahrweise seines eigenen Fahrzeuges in der Praxis verschaffen sollte.

 

Da weder der nationale, noch der europäische Gesetzgeber eine solche Besserstellung des Verbrauchers im Onlinehandel beabsichtigt habe, müsse der Käufer für die durch den Ein- und Ausbau sowie die Benutzung der Sache eingetretene Verschlechterung Wertersatz leisten, so die Karlsruher Richter (Az. VIII ZR 55/15). Voraussetzung ist jedoch, dass der Käufer über die in treffende Wertersatzpflicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Onlinehändler sind daher gut beraten, zu überprüfen, ob ihre Geschäftsbedingungen diese Voraussetzungen erfüllen.

 

 

Übertragung der Grundsätze der Entscheidung auf andere Bereiche des Onlinehandels

 

Die Grundsätze der Entscheidung des BGH sind auch auf viele anderen Bereiche des e-Commerce übertragbar. Beispielsweise beim Onlinekauf von Kleidung darf diese also zu Hause anprobiert werden. Auch darf die Verpackung beschädigt sein, denn auch im Geschäft kann dies beim Öffnen oder Auspacken zwecks Anprobierens vorkommen. Onlinehändler können also nicht verlangen, dass Ware in der unbeschädigten Originalverpackung zurückgesendet wird.

 

Wenn allerdings der gekaufte Artikel beschädigt oder beispielsweise verkratzt zurückgesendet wird, steht dem Händler ein Anspruch auf Wertersatz bei Widerruf zu d.h. er kann die Rückerstattung kürzen, wenn er den Kunden hierüber zuvor belehrt hat. Kleidung, die offensichtlich schon getragen wurde und gebrauchsspuren aufweist oder bei der die Etiketten abgerissen wurden, muss ein Händler gar nicht zurücknehmen, da dies über das übliche Anprobieren in einem Laden deutlich hinausgeht.

 

 

Kontakt

 

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