BGH: Framing von urheberrechtlich geschützten Inhalten nur zulässig, wenn die Inhalte frei und mit Zustimmung des Urhebers abrufbar (BGH I ZR 46/12)
Mit Urteil vom 9.7.2015 hat der BGH über die Zulässigkeit des sog. „Framing“ d.h. des Einbettens fremder urheberrechtlich geschützter Werke im Internet (z.B. durch das „Teilen“ eines Youtube-Videos) entschieden (BGH, Urteil vom 9.7.2015, I ZR 46/12 – Die Realität II).
Der Entscheidung war ein Vorabentscheidungsersuchen vorausgegangen, in welchem der EuGH durch Beschluss vom 21.10.2014 (C-348/13) entschieden hatte, dass Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, nur dann keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum, noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet. Wir berichteten am 10.7.2015 in dem Beitrag „BGH entscheidet über die Zulässigkeit des Framing von urheberrechtlich geschützten Inhalten (BGH I ZR 46/12)“ über die diesbezügliche Pressemitteilung des BGH.
Seit heute liegen die Entscheidungsgründe des Urteils des BGH vom 9.7.2015 (I ZR 46/12 „Die Realität II“) im Volltext vor. Nach der Ansicht des BGH, liegt aufgrund der vorausgegangenen Entscheidung des EuGH dann, wenn – wie im zu entscheidenden Fall – ein urheberrechtlich geschütztes Werk nicht mit Zustimmung des Urhebers im Internet abrufbar ist und dieses von Dritten mittels der sog. Framingtechnologie über eine andere Internetseite wiedergegeben bzw. dort eingebettet wird, eine öffentliche Wiedergabe gem. § 15 Abs. 2 UrhG vor, die ohne Zustimmung des Urhebers nicht zulässig ist. Das Framing verletzt dann das unbenannte Recht der öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG) und löst somit Ansprüche des Berechtigten aus. In der Entscheidung des I. Zivilsenats heißt es dazu:
„Werden – wie im Streitfall – auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt, die auf einer anderen Internetseite für alle Internetnutzer frei zugänglich sind, führt dies nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union demnach nur dann nicht zu einer Wiedergabe der fraglichen Werke für ein neues Publikum, wenn die Werke auf der anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich sind (vgl. EuGH, GRUR 2014, 360 Rn. 25 bis 28 – Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2014, 1196 Rn. 15 und 16 – BestWater International/Mebes und Potsch). Der Senat versteht diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dahin, dass die fraglichen Werke in derartigen Fällen für ein neues Publikum wiedergegeben werden, wenn keine entsprechende Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber vorliegt. Dafür spricht auch der Gesichtspunkt, dass es sich bei dem „neuen Publikum“ nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union gegebenen Begriffsbestimmung um ein Publikum handelt, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Hat der Urheberrechtsinhaber die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe nicht erlaubt, konnte er dabei zwangsläufig nicht an ein Publikum denken, an das sich diese Wiedergabe richtet. In einem solchen Fall richtet sich daher jede Wiedergabe des Werkes durch einen Dritten an ein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.“
Das Urteil des Bundesgerichtshofes zum Framing (Embedding) bestätigt die von uns unter Heranziehung der maßgeblichen Entscheidungen des EuGH (Svensson/Retriever und Best Water) vertretene Rechtsauffassung hinsichtlich der Zulässigkeit von Framing. Demnach kommt es nicht darauf an, ob derjenige, der einen fremden Inhalt mittels „Framing“ bzw. „Embedding“ teilt, also in seine eigene Internetseite oder sein Profil in einem sozialen Netzwerk einbettet, sich diesen Inhalt zu eigen macht, sondern allein darauf, ob der so genutzte fremde Inhalt dadurch für ein neues Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte oder nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet. Liegt eine dieser beiden Voraussetzungen vor, ist die Wiedergabe unzulässig. Dabei ist die Voraussetzung, dass sich die Widergabe an ein neues Publikum richtet, immer dann erfüllt, wenn der Urheber ddie ursprüngliche öffentliche Wiedergabe, die mittels Framing wiedergegeben wird, nicht erlaubt hat.
(c) Rechtsanwalt Christian Weber, Frankfurt am Main, 18.12.2015
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