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Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft – was ändert sich bei Abmahnungen?

Inkrafttreten des Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Heute, am 9.10.2013 ist das umstrittene Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft getreten. Das Gesetz enthält Regelungen unter anderem für die Bereiche Inkasso, Abmahnungen und Telefonwerbung. Insbesondere werden dadurch das Urheberrechtsgesetz, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie das Rechtsdienstleistungsgesetz geändert. Dieser Beitrag befasst sich mit den relevanten Änderungen im Urheberrecht, insbesondere im Hinblick auf urheberrechtliche Abmahnungen. Zur Entstehung des Gesetzes siehe hier.

 

Ziele des Gesetzes im Hinblick auf Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen

„Zur Beseitigung von Missständen bei urheberrechtlichen Abmahnungen sollen besondere inhaltliche Anforderungen für Abmahnungen festgelegt werden, durch die für den Empfänger der Abmahnung immer klar und eindeutig erkennbar sein soll, wessen Rechte er wodurch verletzt haben soll, wie sich geltend gemachte Zahlungsansprüche zusammensetzen und welche Zahlungen im Einzelnen von ihm verlangt werden.“ (BT-Drucksache 17/14192 vom 26.6.2013)

 
Die Fraktion der CDU/CSU unterstrich das Ziel des Gesetzentwurfs und des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen, lediglich unseriöse Abmahnpraktiken einzudämmen. Die seriöse Abmahnung als vorgerichtliches Instrument der Rechtsdurchsetzung habe sich bewährt und sei schützenswert. Zwischen beiden Fällen müsse sorgsam unterschieden werden. Handle der Abmahnende nach bestem Wissen und Gewissen, könne sein Handeln schlechterdings nicht als unseriös gelten.“ (BT-Drucksache 17/14216 vom 26.6.2013)

Gegen legitime und juristisch saubere Abmahnungen bleibt  von daher weiterhin nichts einzuwenden. Jeder Urheber hat einen Anspruch auf Vergütung für seine kreative Leistung. Wer sich das geistige Eigentum der Urheber ohne Erlaubnis zu eigen macht, muss Sanktionen erfahren können“ (Plenarprotokoll, Deutscher Bundestag, 234. Sitzung, 18. April 2013, S. 29282).

 
Es geht bei den Änderungen des Urheberrechtsgesetzes im Wesentlichen um Transparenz, um Bekämpfung von Missbrauch sowie um eine Kostenbegrenzung in bestimmten Fällen. Es sollen hierbei vor allem „schwarze Schafe“ ausgesiebt werdent. Die „nun gesetzlich geregelten Informationspflichten sind für seriös arbeitende Marktteilnehmer bereits heute selbstverständlich“ (BT-Drucksache 17/13057, S. 13, S. 29 u. S. 37). Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) betonte während des Gesetzgebungsverfahrens im Bundestag , dass „Abmahnungen ein legitimes und sinnvolles Instrument sind, um die Ahndung von Rechtsverstößen und die Durchsetzung von Ansprüchen für die Beteiligten einfach zu gestalten, ohne dass es zu einem unter Umständen langen und teuren Gerichtsprozess kommt. […] Dieses Institut soll natürlich erhalten bleiben, und es wird erhalten bleiben.“ (Rede von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Deutschen Bundestag zum Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 17/234 v. 18.4.2013, S. 29275).

 

Konkrete Änderungen bezogen auf urheberrechtliche Abmahnungen

– Einer Abmahnung muss keine schriftliche Vollmacht des Auftraggebers (Rechteinhabers) beigefügt werden, insbesondere keine Vollmacht im Original, da hierfür vom Gesetzgeber im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes „keine praktische Notwendigkeit“ gesehen wurde (vgl. BT-Drucksache 17/14216, S.7)

 

– Das Gesetz regelt die Höhe der Streitwerte in urheberrechtlichen Angelegenheiten nicht. Eine Streitwertdeckelung wie sie der Gesetzesentwurf der Bundesregierung für § 49 GKG-E ursprünglich vorgesehen hat (BT-Drucksache 17/13057 S. 8), wurde im Gesetz nicht verankert, sondern wieder aufgegeben. Hierzu heißt es in den Gesetzesmaterialien:

„An der bislang vorgesehenen gemeinsamen Wertregelung anwaltlicher und gerichtlicher Gebühren in Urheberrechtsstreitigkeiten soll nicht festgehalten werden. Für den vorgerichtlichen Bereich soll jedoch die grundsätzliche Begrenzung des anwaltlichen Erstattungsanspruchs bei urheberrechtlichen Abmahnungen erhalten bleiben.“ (BT-Drucksache 17/14192, S. 4 – Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses)

Für urheberrechtliche gerichtliche Streitigkeiten bleibt es damit bei dem Grundsatz des § 3 ZPO, wonach der Wert vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt wird. Für den vorgerichtlichen Bereich schafft die vorliegende Regelung zur Begrenzung des anwaltlichen Erstattungsanspruchs bei urheberrechtlichen Abmahnungen eine zielgenaue Regelung.“ (BT-Drucksache 17/14216, S. 7 u. 8 – Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages)

 

– Statt einer Streitwertdeckelung wurde lediglich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen (Rechtsanwaltskosten) beschränkt, wenn der Abgemahnte „eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet“ und wenn dies „nach den besonderen Umständen des Einzelfalles nicht unbillig ist“ (§ 97a Absatz 3 Satz 4 UrhG n.F.). Sind die Voraussetzungen erfüllt, sind die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten auf Gebühren nach einem (fiktiven) Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1.000,- € beschränkt. Diese Regelung gilt also nur für die Berechnung der erstattungsfähigen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühr. Schadensersatz und etwaige sonstige Rechtsverfolgungskosten sind daneben zu erstatten.

 

– Die Beschränkung des Ersatzes der erforderlichen Rechtsanwaltskosten (Abmahnkostenbegrenzung) greift nicht, wenn dies „unbillig“ ist (sog. Unilligkeitsklausel § 97a Absatz 3 Satz 4 UrhG n.F.). „Im Einzelfall solle die Anzahl und die Schwere der Rechtsverletzungen unabhängig von der Üblichkeit Berücksichtigung finden können, um von der grundsätzlich vorgesehenen Deckelung des Streitwertes auf 1.000 Euro abzusehen. Diesem Gedanken trage die Unbilligkeitsregelung in § 97a Absatz 3 Satz 4 UrhG-E Rechnung.“ (BT-Drucksache 17/14216, S.4). In der Lesung im Bundestag wurde klargestellt, dass die Streitwertdeckelung nicht greift, „wenn also jemand nicht nur einen Titel herunterlädt, sondern sozusagen einen ganzen Container„, denn „dann muss man auch anders handeln können“ (Plenarprotokoll, Deutscher Bundestag, 250. Sitzung, Donnerstag, den 27. Juni 2013, S. 31972).

Eine Abmahnkostenbegrenzung (Beschränkung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf eine Gebühr aus einem Gegenstandswert von 1.000,- € für den Unterlassungsanspruch) kommt folglich in vielen Fällen nicht in Betracht. Hierauf hatte im Vorfeld auch schon der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) in einer Stellungnahme vom 8.5.2013 sowie in einer Pressemitteilung vom 14.5.2013 hingewiesen und das Gesetz als unzureichend bemängelt . Dort heißt es unter anderem:

Das Gesetz erlaubt Ausnahmen. Wenn die Begrenzung des Streitwerts nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist, können die Abmahngebühren auch höher liegen. 78 Prozent der Abmahnungen fallen in den allermeisten Fällen unter die Ausnahme. […] Die Ausnahmeregelung ist eine Mogelpackung: Sie macht Ausnahmen zur Regel. Der jetzige Regierungsvorschlag ist nicht geeignet, um Verbraucher besser vor massenhaften Abmahnungen mit hohen Abmahngebühren zu schützen.“

Insbesondere hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) gefordert, im Gesetz „nicht abschließende Beispielsfälle für die Anwendung der Streitwertbegrenzung zu ergänzen und u.a. den häufigsten Fall von Abmahnungen von Verbrauchern wegen Filesharing ausnahmslos für anwendbar zu erklären“ (Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbands über den Gesetzesentwurfder Bundesregierung gegen unseriöse Geschäftspraktiken, S. 19 f.)

Aus einem im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands von Herrn Rechtsanwalt Christian Solmecke erstellten Gutachten vom 14.5.2013 geht hervor, dass die Unbilligkeitsklausel in bestimmten Fällen regelmäßig Anwendung finden dürfte. Hierzu gehören beispielsweise Rechtsverletzungen, die im Wege des Filesharing begangen werden und sich auf die Verfügbarmachung aktueller und zugleich erfolgreicher Werke der Musik (Chartplatzierung) beziehen sowie Musiktitel auf sog. Samplern bzw. Compilations oder sog. „Chartcontainern“ (wenn also große Dateiarchive, die eine Vielzahl von Werken umfassen als „Container“ zum kostenlosen Abruf für Dritte verfügbar gemacht werden). Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass bei 78 % aller urheberrechtlichen Abmahnungen wegen illegalen Filesharings die Unbilligkeitsklausel greift und somit eine Beschränkung der erstattungsfähigen Abmahnkosten in diesen Fällen nicht in Betracht kommt (Link Gutachten RA Solmecke). Bei seriösen urheberrechtlichen Abmahnungen wegen Filesharing dürften die Auswirkungen des Gesetzes folglich begrenzt sein.

Obwohl auch die Fraktion der SPD bemängelte, dass „die Unbilligkeitsklausel des § 97a Absatz 3 Satz 4 UrhG-E die beabsichtigte Deckelung der Anwaltsgebühren für Abmahnungen in der Praxis ins Leere laufen lassen werde“ (BT-Drucksache 17/14216, S. 5), wurde der Regierungsentwurf nicht verschärft und insbesondere der (häufige) Fall urheberrechtlicher Abmahnungen wegen illegalen Filesharings nicht als Beispielfall im Gesetz genannt.

 

– Dem Abgemahnten steht ein „Gegenanspruch“ auf Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten zu, wenn die Abmahnung unbrerechtigt oder unwirksam ist. Der Anspruch besteht allerdings nicht, wenn die mangelnde Berechtigung dem Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. „Damit sollen Fälle erfasst werden, in denen der jeweils zutreffend ermittelte Anschlussinhaber abgemahnt wird, sich sodann jedoch herausstellt, dass dieser nicht der Verletzer war“ (vgl. BT-Drucksache 17/14216, S.7)

 

 

 

Für weitere Fragen verweisen wir auf unser FAQ zum Thema „Was ändert sich durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken im Bereich urheberrechtlicher Abmahnungen“ sowie auf den Artikel „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (sog. Anti-Abzock-Gesetz) im Bundesgesetzblatt verkündet“ sowie auf den Artikel “AW3P im Gespräch mit Rechtsanwalt Christian Weber” von Steffen Heintsch auf der Internetseite www.abmahnwahn-dreipage.de

 

 

 

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